Endlich war es soweit! Ich hatte 2 Wochen Winterferien genossen, meinen Vortrag ausgearbeitet den wir in einer Gruppe mit anschließender Diskussion halten sollten und mich mental auf das Auswahlwochenende vorbereitet.
5.00, waaah, mein penetranter Handywecker riss mich aus meinen Träumen, anders als während der Schulzeit stand ich in meinem Bett und hatte keine Probleme aufzustehen. Auf ging es Richtung Hauptbahnhof, wo ich mich mit Henni (aus Halle) die mit mir monatelang mitgefiebert hat traf. Da wussten wir noch nicht, was uns bevorstand, wir stiegen in den ICE nach Frankfurt ein und freuten uns auf das geplante Treffen bei Starbucks mit den anderen Bewerbern.
Als wir es uns gerade bequem gemacht hatten ertönte eine Ansage:" Auf Grund von technischen Störungen fällt dieser Zug ersatzlos aus!" Mein Herz sank in die Hose. Hallo ? Hallooooo? Einmal soll die DB mich pünktlich an ein Ziel bringen und der Zug fällt ersatzlos aus! Wie können sie mir das nur antun?! Naja, im Gegensatz zu den Leuten die ihren Flieger in Frankfurt bekommen mussten war das alles halb so wild. Wir fuhren mit dem Zug, der eine Stunde später kam, verpassten unser Starbuckstreffen, aber wenigstens gönnten wir uns bei Coffee Culture noch einen Crunchy Munchy Moccha und einen Nuß Macchiato. Trotzdem dachte ich mir, dass das wohl ein schlechtes Omen sein musste.
Die anderen warteten geduldig auf uns und wir stiegen zusammen in die S-Bahn nach Bad Homburg. Angekommen in der supermodernen Jugendherberge (das Essen war echt super!) erhielten wir Namensschilder, unsere Zeitpläne und eine freundliche Begrüßung in der Mensa. Es war echt total spannend, weil man viele Leute schon von Bildern bei schuelervz kannte und mit ihnen wie die Weltmeister im ATS-Forum geschrieben hatte.
Und schon begann die erste Gruppendiskussion. Wir hörten einen super Vortrag über Frauenquotierung und die Diskussion lief auch wie ganz von selbst. Es folgte das erste Einzelgespräch. Oh man, ich war sooooooooo aufgeregt, boah ich zitterte total und ich glaub meine Grammatik in den Sätzen war echt furchterregend.
"Schieß mal los: Was sollte ich über dich wissen?", war die erste Frage. Ich redete so schnell wie ein Wasserfall, oh man. "Du willst Medizin studieren und in die Forschung gehen ? Warum willst du den so einen unpersönlichen Job machen?" Gute Frage, über sowas hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht, das war halt der Beruf, der mich faszinierte! Nächste Frage:"Du hast doch diese Brieffreundschaft mit dem Todestraktinsassen in Sambia?! Glaubst du ihm denn was er schreibt? Er kann ja sonst was behaupten!", "Glaubst du also er sitzt zu unrecht im Gefängnis, wenn er so eine herzliche Person ist?" Das Gespräch lief ziemlich gut, es gab einige provokante Fragen aber es war nicht wie in einer Prüfung.
Das tollste folgte abends. Die Bastelaufgabe. Wir mussten einen Kommunikationstrainer bauen. Die Third-Years saßen in der Jury und spielten verschiedene Rollen, der Intellektuelle, der Schotte etc. Die Bewertung waren nicht wirklich ernst gemeint, es war einfach eine spaßige Runde und wir bauten den "Balancer", einen Konfliktlöser bei dem man auf einer wackeligen Platte steht. Derjenige mit dem man einen Konflikt hat steht auf der anderen Seite, er hat die Streichholzbox, man selber die Streichhölzer und wenn man Kompromisse eingeht und gut kommuniziert erreicht man die Mitte und zusammen kann man die Kerze anzünden. Doch wenn man nicht zusammen den Weg geht gerät die Platte außer Gleichgewicht und wackelt. ;)
Am nächsten Tag hatten wir weiter Gruppendiskussionen über Amoklauf, Integration, Grüne Revolution und ich hielt meinen Vortrag über Bewusstes Konsumieren. Ich hatte ein weiteres Einzelgespräch. "Du warst bei MUN ? Hältst du die UN für ein sinnvolles Organ" "Warum bist du vom Internat gegangen?" "Wie bist du zu Amnesty International gekommen" "Was findest du bei Amnesty am schwierigsten...?"
Abends stellten uns die Third-Years ihre Colleges vor, wir spielten typische UWC-Spiele, sangen UWC-Lieder. Das war echt eine so schöne Atmosphäre. Ich kam mir dennoch wie ein Hund vor dem eine Wurst am Strick vor die Nase gehalten wird, die er nicht essen kann.
Das ganze Wochenende war gefüllt mit interessanten Gesprächen. Viele Bewerber befanden sich gerade im Austauschjahr, kamen aus Dänemark, England, Chile, Thailand, viele waren multikulturell und jeder war total engagiert hatte außergewöhnliche Interessen und trotzdem nahm man sich nicht als Konkurrenz war.
Sonntag hatten wir eine letzte Gruppendiskussion, aßen zu Mittag und dann folgte schon die Verabschiedung. Henni und ich holten unser Starbucksbesuch in Frankfurt mit einem Fairtrade-Kaffee nach und fuhren schließlich planmäßig mit dem ICE zurück nach Leipzig.